Gipfeltreffen der Feingeister: Rising Grace von Wolfgang Muthspiel
By Sarah Seidel
“Rising Grace” ist das zweite Album des österreichischen Gitarristen Wolfgang Muthspiels bei dem Münchner Label ECM.
Wenn man als europäischer Jazzmusiker vier Stars der aktuellen amerikanischen Jazz-Szene ins Studio einlädt, um mit ihnen ein gemeinsames Album aufzunehmen, dann muss man gut vernetzt sein und was drauf haben. So wie der österreichische Gitarrist Wolfgang Muthspiel. Für sein neues Album “Rising Grace” konnte der 51-Jährige zum einen den Piano-Lyriker Brad Mehldau und den Bassisten Larry Grenadier und zum anderen den Schlagzeuger Brian Blade gewinnen, der mit seiner Dynamik und Kreativität in Muthspiels Projekten schon seit vielen Jahren eine bedeutsame Rolle spielt. Dann wäre da noch der Trompeter Ambrose Akinmusire, dem es gelingt, in seinem Sound so etwas wie kühle Hitze zu entfachen. “Rising Grace” – das ist der Titel dieses akustischen Juwels, auf dem filigrane und melancholisch-träumerische Motive ins Fließen geraten und die musikalische Anmut stetig wachsen lassen.
Gemeinsamer Spirit
Hier spielt ein Team von reifen Musikern, deren Spirit die Atmosphäre dieses Albums prägt. Musiker, die ihre Inspiration und ihre Ideen im gegenseitigen Zuhören finden und kollektiv einen Raum entwickeln, in dem sie sich wie in einer schützenden Hülle zu bewegen wissen. Hier wird jeder der fünf Musiker zu einem Geschichtenerzähler – darunter keiner, der einen Monolog halten würde. Die Kompositionen für dieses Album wurden von Wolfgang Muthspiel angelegt wie Songs ohne Gesang, auf ausufernde Soli wurde als Gestaltungselement verzichtet. Die Verbundenheit des Gitarristen mit der amerikanischen Szene ist kein Zufall. Er hat insgesamt 15 Jahre in Amerika gelebt, am Berklee College of Music in Boston studiert und in New York seine Sporen verdient. Er hat dieselbe Luft geatmet wie seine Kollegen, hat gelernt, sich als europäischer Musiker mit einem eigenen Profil Gehör zu verschaffen. “Rising Grace” zeugt von seinem musikalischen Wachstum und von der Anmut seiner Kompositionen.