Das Album „Rising Grace“ (ECM), das ein Quintett um den österreichischen Gitarristen Wolfgang Muthspiel eingespielt hat, ist ein anderesMusterbeispiel dafür, dass so eine Suche kein Eskapismus ist, weil Schönheit im Jazz für sehr viel mehr als Ästhetik steht. Zwischen Muthspiel, dem Pianisten Brad Mehldau und dem Trompeter Ambrose Akinmusire entsteht eher so
etwas wie das ständige Auspegeln eines goldenen Schnitts.
Da gibt es ein Einverständnis, mit Improvisation ein Höchstmaß an Harmonie zu erzeugen.
Den Kraftaufwand, den das kostet, bündeln sie in einer Disziplin und Selbstbeherrschung, mit der selbst freie Passagen wie Kammermusik klingen. Die den Bassisten Larry Grenadier und
Schlagzeuger Brian Blade allerdings jedoch davor bewahren, ins allzu Lyrische
abzudriften. Diese Balance, mit einem Anspruch aus der europäischen Konzertmusik die Spannung des Jazz zu halten, schaffen nicht viele.
Andrian Kreye
Jazzkolumne, Süddeutsche Zeitung